Wissenswertes aus unserem Verein von unserem Mitglied Hanno Wolfram
Herbststimmung in unserem Reitstall
Unsere Reitanlage strahlt wie neu. Sie ist sicher eine der schönsten Reitanlagen im weiten Umkreis. Aktuell wird erstmalig seit unserer Umsiedlung die Farbe und damit der Holzschutz erneuert. Vorstand und Ausschuss haben dies auf den Weg gebracht, gerechnet, geplant, sich gekümmert und viel, auch mit den Händen daran gearbeitet. Jedem unserer Ehrenamtlichen gebührt dafür große Wertschätzung, Anerkennung und Respekt. Sie machen das alles „einfach so.“
Leider scheint aber das „Einfach so“ des Ehrenamtes langsam aus der Mode zu kommen. Das Anspruchsdenken nimmt überall in unserer Gesellschaft zu. Unser Verein mit seinen 434 Mitgliedern ist dabei auch ein Spiegelbild der aktuellen Gesellschaft. Nur der Anteil der unter 18-jährigen ist mit 38% bei uns deutlich höher als in der Normalbevölkerung.
Der Wertewandel führt auch innerhalb unserer Reitervereinigung inzwischen zu schriftlich verfassten „nicht-verhandelbaren Forderungen“ an den Vorstand. „Einfach so“ damit umzugehen fällt immer schwerer. Selbst juristische Sachkunde gewinnt inzwischen an Bedeutung und der gesunde Menschenverstand scheint gelegentlich zu versagen. Eigentlich geht es doch um den Sinn und nicht um die Interpretation einzelner Buchstaben selbst gegebener Regeln in unserer „einfach so“ geführten Reitervereinigung.
Der Vorstand ist die gewählte Vertretung aller Mitglieder. Nichts wurde und wird in der Reitervereinigung von einem Einzelnen selbstherrlich oder einsam entschieden. Vereinsführung ist eine umfassende Konsensveranstaltung von Vorstand und Ausschuss. Die Arbeit im Verein ist genau die gleiche, wie in einem Unternehmen mit 350.000 Euro Jahresumsatz. Die Arbeitsweise ist aber grundsätzlich anders. Es gibt trotzdem immer häufiger den Satz: „Egal, was wir machen, der Vorstand ist immer der Depp.“
Dies ist nur eine rhetorische Frage: „Ziehen wir alle am gleichen Strick, an dem gleichen Ende und in die gleiche Richtung?“
Aktuell ist die Reitervereinigung Biberach ein Reitverein mit Schulpferden, einem pferdegerechten Stall, schönen Reithallen und einer erfolgreichen Reitlehrerin. Sie erinnern sich: Unsere Schulpferde
verdienen das weitaus meiste Geld.
Eine ernste Frage mit der ganz herzlichen Bitte um eine kurze Antwort: (einfach hier auf „Antworten“ klicken!)
Wie sehen Sie die Reitervereinigung in fünf Jahren?
Wird es der selbstlos und ehrenamtlich geführte Verein von heute bleiben oder wie soll oder kann ein neues Geschäftsmodell aussehen?
Ganz herzlichen Dank und reiterliche Grüße,
Hanno Wolfram
So steht es in Wikipedia: „Der Verein (etymologisch aus vereinen ‚eins werden‘ und etwas ‚zusammenbringen‘) bezeichnet eine freiwillige und auf Dauer angelegte Vereinigung von natürlichen [..] Personen zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks, die in ihrem Bestand vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig ist.“ Interessant, sich die Wortherkunft des Begriffes Verein vor Augen zu führen.
Dieser Satz aus unserer Vereinsatzung „der Verein ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.“ erscheint normal, entfaltet heute aber ganz besondere Bedeutung. In diesem Satz sind für mich die Grundwerte ehrenamtlichen Handelns enthalten: Vereinend, selbstlos, für andere: einfach so. Ohne eigenen Vorteil: einfach so. In unserem Fall wird ein Unternehmen mit ca. 350.000 Euro Jahresumsatz und vier Angestellten von unserem gewählten Vorstand und Ausschuss einfach so umgetrieben. Anstatt Reiten, eine abendliche Sitzung beinahe alle zwei Wochen, einfach so, und anstatt Freizeit handfeste und zeitraubende Aufgaben erledigen: einfach so.
Stammtische oder Kneipentreffen zum „Quatschen“ werden allgemein selten, Geselligkeit findet meist in WhatsApp-Gruppen statt, gemeinsam gesungen wird schon lange nicht mehr und „alle denken an sich, nur ich denk an mich!“ lautet ein immer häufiger werdender Leitspruch. Dem Zeitgeist entsprechend scheinen Egoismen, die dem „vereinen“ widersprechen, auch bei uns zuzunehmen. Vereinsregeln dem Buchstaben und nicht dem Sinn nach auszulegen, ist mit einem wesentlich höheren Risiko behaftet als früher, denn auch der mächtige Zeitgeist weist und zerrt uns in die gleiche, unschöne Richtung des Anspruchsdenkens. Der Verein als willfähriges Dienstleistungsunternehmen und seine Mitglieder als Kunden? Geht gar nicht. Was wir benötigen, ist das „vereinen“ in unserem gemeinsamen Verein. Lasst uns in diesem Sinne mal wieder ein gemeinsames Sommerfest feiern!
Wir wollen uns hier schon mal bei jedem einzelnen Beteiligten am großen Dressurturnier letzte Woche bedanken, Vorstand und Ausschuss Rückendeckung, Unterstützung und Anerkennung vermitteln und unserer Betriebsleiterin Lisa zu zwei gewonnenen ? M-Dressuren gratulieren.
Wir wollen wieder mal Zeit finden für Gemeinsamkeiten, für’s Diskutieren, den Austausch, quatschen oder „ratschen“ über Reiten und Reiter, über unsere Reitervereinigung und den Egoismus als Zeitgeist und vielleicht sogar singen. Einfach so.
In diesem Sinne bis zum 13. August in unserem Reitstall, mit reiterlichen Grüßen
Hanno Wolfram